Veranstaltung: | Landesausschuss I/2023 |
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Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 26.01.2023) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.01.2023, 11:13 |
A2: Psychische Gesundheit im Blick
Antragstext
Die KLJB hat sich zum Ziel gesetzt, junge Menschen dabei zu unterstützen, das
rechte Verhältnis zu sich selbst, zu den Mitmenschen und zu Gott zu finden. Wir
begleiten und unterstützen junge Menschen beim Erwachsenwerden und tragen so zur
Persönlichkeitsentwicklung bei.
Eine zentrale Voraussetzung dafür ist deren Gesundheit. Diese definieren wir als
eine Gesamtschau auf physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden. Daher
können wir uns der Definition der Ottawa-Charta der WHO anschließen. Danach ist
„Gesundheit der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen
Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen. Das
Erreichen des höchstmöglichen Gesundheitsniveaus ist eines der Grundrechte jedes
Menschen, ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der
politischen Überzeugung, der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung“ ist.
Bereits vor Corona wurde auffällig, dass bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
in Deutschland die Zahl der körperlichen Erkrankungen einerseits abnimmt,
andererseits sich die Zahl der psychischen Erkrankungen deutlich erhöht.[1]
Je nach Studie ist jedes fünfte bis sechste Kind von psychischen bzw.
psychosomatischen Beschwerden betroffen. Im Rahmen der KiGGS-Studie wurde
deutlich, dass über 50 Prozent der Fälle von psychischen Auffälligkeiten im
Jugendalter behoben werden können, wenn eine adäquate Diagnostik und zeitnahe
Behandlung erfolgt. Daher ist für uns das Jugendalter eine entscheidende Phase,
für eine gute psychische Gesundheit zu sorgen, um Spät- und Langzeitfolgen für
den weiteren Lebensverlauf zu verhindern bzw. zu minimieren.
Leider erleben wir, dass psychische Erkrankungen in unserer Gesellschaft
weiterhin tabuisiert werden und es an flächendeckender Aufklärung und
Behandlungsmöglichkeiten fehlt. Für uns ergeben sich daher für die Prävention,
Intervention und Rehabilitation im Kontext psychischer Gesundheit folgende
Forderungen an Politik, Gesellschaft, Kirche und die KLJB:
- Schaffen eines Umfeldes zur unversehrten Entwicklung von Kindern und
Jugendlichen
- Enttabuisierung und Normalisierung von psychischen Erkrankungen in unserer
Gesellschaft durch entsprechende Aufklärungs- und Bildungsangebote. Diese
müssen vom Staat finanziert und gefördert bzw. angeboten werden.
- Förderung und Etablierung von Erste-Hilfe-Kursen im Kontext von
psychischer Gesundheit im gleichen Ausmaß wie es bei Erste-Hilfe-Kursen im
Kontext von körperlicher Gesundheit der Fall ist.
- Aufklärungs- und Bildungsangebote zum Umgang mit psychischen Erkrankungen
und der Begleitung von Betroffenen und Angehörigen. Dazu gehört auch eine
Sensibilisierung, einem Mitmenschen nicht nur bei körperlichen Problemen
helfen zu können, sondern auch bei psychischen Erkrankungen.
- Erhöhung der Anzahl von Studienplätzen für Psycholog*innen,
Psychiater*innen und Psychotherapeut*innen.
- Möglichkeiten für Niederlassungen von Psycholog*innen, Psychiater*innen
und Psychotherapeut*innen erleichtern, besonders in ländlichen Räumen?.
- Gesetzliche Regelungen, welche eine berufliche und versicherungstechnische
Schlechterstellung von Menschen mit psychischen Erkrankungen verhindert.
Hier muss der Staat gerade bei seinen eigenen Beschäftigten voran gehen
und Vorbild sein.
- Ermunterung und Senken der Hemmschwelle zur Nutzung von Telefonseelsorge
und Notruf in einer ernstzunehmenden Akutsituation.
- Beistand leisten und füreinander da sein. Dies sehen wir als eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
- Ausbau von Anlaufstellen und ambulanten sowie stationären
psychotherapeutischen Hilfsangeboten und Therapieplätzen. Diese Angebote
sollen möglichst niederschwellig gestaltet sein und leicht, sowie schnell
erreichbar sein.
- Vernetzung von Gesundheitssystem, Bildungseinrichtungen und Jugendhilfe in
Fragen von psychischer Gesundheit und Intervention bei psychischen
Erkrankungen.
- Erleichterung und Sicherstellung einer Begleitung für den beruflichen
Wiedereinstieg an Stellen, an denen das betriebliche
Wiedereingliederungsmanagement fehlt oder zu kurz greift.
- Maßnahmen zur Förderung und Sicherstellung der gesellschaftlichen
Wiedereingliederung.
- Etablierung, Förderung und Sicherung von Projekten und Initiativen zu
psychischer Gesundheit und Rehabilitation.[2]
Als KLJB setzen wir uns das Ziel, in Zukunft stärker zur Enttabuisierung,
Aufklärung und Normalisierung von psychischen Erkrankungen beizutragen. Dazu
prüfen wir alle unsere Angebote, inwiefern dieses Ziel realisiert werden kann.
Gerade im Hinblick auf unsere Bildungsangebote wollen wir unser Engagement in
diesem Zusammenhang weiterentwickeln und ausbauen.
Zudem wollen wir die Themen rund um psychische Gesundheit auf unseren Tagungen,
Gremien und weiteren Veranstaltungen sensibel behandeln und entsprechende
Strukturen zu schaffen, damit Menschen mit psychischen Erkrankungen an unseren
Angeboten ohne Scheu teilnehmen können.
Es kommt auf alle Einzelne*n von uns an. So wie wir uns in der KLJB und in der
Gesellschaft auf physische Probleme hinweisen und uns gegenseitig helfen und
unterstützen, so sollten wir es auch bei psychischen Problemen tun. Dazu müssen
wir keine Fachleute sein, sondern offen ansprechen wenn uns Veränderungen, z.B.
im Wesen unser Mitmenschen, auffallen. So können alle von uns dazu beitragen,
dass psychische Gesundheit immer weniger ein Tabuthema wird.
[1]Seelische Gesundheit und psychische Belastungen von Kindern und Jugendlichen
in der ersten Welle der COVID 19 Pandemie – Ergebnisse der COPSY Studie; ravens-
Sieberer2021_Seelische Gesundheit_COVID19_Bundesgesundheitsblatt.pdf
[2] Als Beispiel: Theaterprojekt „der schwarze Hund“ – Depressionen aus dem
Schatten ins Rampenlicht; https://derschwarzehund.juliaraab.de/